23. September 2018
"Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?"
In jener Zeit zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er wollte seine Jünger über etwas belehren. Er sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen. Aber sie verstanden den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch, ihn zu fragen. Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr unterwegs gesprochen? Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein. Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.
Gedanken zum Text
Diese Frage trifft die Jünger Jesu wie ein Blitz. Es verschlägt ihnen gar die Sprache. Sie fühlen sie sich ertappt. Sie schämen sich und schweigen darüber, dass sie einen Rangstreit ausgeübt haben. Sie schweigen, weil sie sich eingestehen müssen, vielleicht nur wenig oder gar nichts verstanden zu haben, von dem, was Jesus sie lehrt. Sie verstehen den Sinn seiner Worte nicht. Jesu Frage könnte auch uns heute wie einen Blitz treffen. Zuletzt habe ich im Papstfilm "Franziskus" gesehen, wie es die Kardinäle und Mitarbeiter der Kurie wie einen Blitz getroffen hat. Papst Franziskus hielt ihnen den Spiegel vor. Schweigend und beschämt saßen die Kurienmitarbeiter vor ihm, als der Papst aufzählte, worüber die Verantwortlichen in Rom auf dem Weg durch die Zeit reden. Was sich in den Vordergrund ihres Denkens und Handelns gedrängt hat. Wie bei den Jüngern sind es die Fragen nach Karriere, nach Auszeichnungen und Titel. Die Suche nach materiellen Gütern und dem eigenen Profit. Sie selbst haben sich entfernt von der Not der Menschen. Wie wir in diesen Tagen durch die MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch in Deutschland vor Augen geführt bekommen, wurde vielfach auch in deutschen Bistümern lediglich darauf geachtet, den eigenen Status zu schützen. Das dadurch angerichtete Leid beschämt. Es ist kaum in Worte zu fassen. "Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?" Diese Frage Jesu dringt auch an unsere Ohren. Was treibt euch um? Worüber redet ihr? Worüber streitet ihr? Die große Herausforderung der Jünger damals und heute ist es, sich nicht selbst in den Vordergrund zu stellen. Die Sorge der Jünger damals und heute scheint, einmal zu kurz zu kommen im Reich Gottes; zu wenig Autorität, zu wenig Ansehen, zu wenig Einfluss zu haben. Jesu Weg aber fährt von diesem Streben ganz weit weg. So stellt er ein Kind in die Mitte. Das Kind ist ein Zeichen der Hilfsbedürftigkeit und der Angewiesenheit. Ein Kind aufnehmen, heißt für Andere da zu sein. Ein Kind aufnehmen, heißt sich der Bedürftigkeit des Anderen zu stellen. Es heißt, sich nicht vor der Bedürftigkeit und Not meines Nächsten zu verschließen. "Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein." Eigentlich müsste man im Glauben nicht mehr verstehen als dies.