19. November 2023
Wer hat, dem wird gegeben
Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an. Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Sofort ging der Diener, der die fünf Talente erhalten hatte hin, wirtschaftete mit ihnen und gewann noch fünf weitere dazu. Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei weitere dazu. Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn. Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen. Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! Es kam aber auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Sieh her, hier hast du das Deine. Sein Herr antwortete und sprach zu ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. Du hättest mein Geld auf die Bank bringen müssen, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten. Nehmt ihm also das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.
Gedanken zum Text
„Wer hat dem, wird gegeben.“ Wieder so ein Sprichwort, von dem kaum einer weiß, dass es ursprünglich aus der Bibel stammt. Vor allem im Kontext dieses Gleichnisses würde man so einen Spruch aus dem Mund von Jesus eigentlich nicht erwarten. Es klingt unsympathisch, ungerecht und nach einer üblen Laune des Schicksals. Es klingt nach einem Plädoyer für Kapitalismus und Streben nach Reichtum.
Aber darum geht es hier eigentlich gar nicht. Die Bibelstelle steht im Kontext anderer Gleichnisse. Thema ist hier der Glaube: Wenn wir Einblick in den Glauben erhalten, dann liegt es an uns, ihn zu vermehren. Es nützt uns nicht, wenn wir den Funken des Glaubens einfach so erhalten. Wir sollten ihn pflegen und größer werden lassen.
Dasselbe gilt übrigens auch für Liebe und Freundschaft: Sie müssen gepflegt und vermehrt werden, nicht einfach eingegraben werden.
In diesem Sinne: Vermehren wir unseren Glauben, unsere Liebe und unsere Freundschaften, nicht (nur) unser Geld!