19. Juli 2020
Wachse in mir
In jener Zeit erzählte Jesus der Menge folgendes Gleichnis:
Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während nun die Menschen schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen
und ging weg. Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein. Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut? Er antwortete: Das hat ein Feind getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen? Er entgegnete: Nein, damit ihr nicht zusammen mit dem Unkraut den Weizen ausreißt. Lasst beides wachsen bis zur Ernte und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune! Er legte ihnen ein weiteres Gleichnis vor und sagte: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn, das ein Mann auf seinen Acker säte. Es ist das kleinste von allen Samenkörnern; sobald es aber hochgewachsen ist, ist es größer als die anderen Gewächse und wird zu einem Baum, sodass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten. Er sagte ihnen ein weiteres Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit dem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Sea Mehl verbarg, bis das Ganze durchsäuert war. Dies alles sagte Jesus der Menschenmenge in Gleichnissen und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen, damit sich erfülle, was durch den Propheten gesagt worden ist: Ich öffne meinen Mund in Gleichnissen, ich spreche aus, was seit der Schöpfung der Welt verborgen war. Dann verließ er die Menge und ging in das Haus. Und seine Jünger kamen zu ihm und sagten: Erkläre uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker! Er antwortete: Der den guten Samen sät, ist der Menschensohn; der Acker ist die Welt; der gute Samen, das sind die Kinder des Reiches; das Unkraut sind die Kinder des Bösen; der Feind, der es gesät hat, ist der Teufel; die Ernte ist das Ende der Welt; die Schnitter sind die Engel. Wie nun das Unkraut aufgesammelt und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch bei dem Ende der Welt sein: Der Menschensohn wird seine Engel aussenden und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gesetzloses getan haben, und werden sie in den Feuerofen werfen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten. Wer Ohren hat, der höre!
Gedanken zum Text
Im Jahr 385 trat in Trier eine Versammlung von Bischöfen zusammen. Ein Bischof aus Àvila wurde beschuldigt, falsche Glaubensaussagen gemacht zu haben. Obwohl es viele Bischöfe gab, die versuchten Bischof Priscillian zu retten, gelang dies nicht. Er wurde zum Tode durch das Schwert verurteilt. Er war der erste Christ, der von seinen vermeintlichen Glaubensbrüdern hingerichtet worden ist. Zuvor litten Christen unter Anschuldigungen und Anklagen staatlicher Machthaber. Es blieb für über 600 Jahre das einzige innerkirchliche Todesurteil, bis die unheilvollen Ketzerprozesse in Europa neues Unheil anrichteten.
Dabei ist die Weisung des Evangeliums klar: Lasst beides wachsen, sonst reißt ihr mit dem Unkraut auch den Weizen aus. Der Gutsherr schützt damit sowohl den Weizen als auch das Unkraut. Er weiß jedoch aus Erfahrung, dass er Weizen ernten wird, um Mehl zu gewinnen; trotz des Unkrauts. Nur ihm alleine steht es zu, zu richten. Er vermag es geduldig abzuwarten, bis die Zeit der Ernte kommt.
Dieses Gleichnis lehrt uns vor allem die demütige Zurückhaltung. Es steht uns nicht zu, über den Glauben anderer Menschen zu richten. Es ist eine Versuchung, die es in allen Religionen gibt. Jesus war klug genug, dem einen deutlichen Riegel vorzuschieben. Erinnert sei an dieser Stelle auch an den sprichwörtlichen Balken, der einen selbst am Sehen hindert und man trotzdem meint, den Splitter im Auge des Gegenübers zu sehen.
Ich lade ein, folgendes Gebet zu betrachten. Es geht um das Wachstum dessen, der das Gute bewirkt:
WACHSE JESUS,
wachse in mir,
in meinem Geist, in meinem Herzen,
in meiner Vorstellung, in meinen Sinnen,
wachse in mir in deiner Milde, in deiner Reinheit,
in deiner Demut, deinem Eifer, deiner Liebe.
Wachse in mir mit deiner Gnade, deinem Licht und deinem Frieden,
wachse in mir zur Verherrlichung deines Vaters, zur größeren Ehre Gottes. Amen