03. Juli 2022
Stoische Gelassenheit
Danach wählte Jesus zweiundsiebzig weitere Jünger aus und schickte sie immer zu zweit in die Städte und Dörfer, die er später selbst aufsuchen wollte. Er sagte zu ihnen: »Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenige Arbeiter. Darum bittet den Herrn, dass er noch mehr Arbeiter aussendet, die seine Ernte einbringen.
Geht nun und denkt daran: Ich schicke euch wie Lämmer mitten unter die Wölfe. Nehmt kein Geld, keine Tasche und keine Schuhe mit. Falls ihr unterwegs Leute trefft, lasst euch nicht auf lange Begrüßungen und Gespräche ein!
Wenn ihr in ein Haus kommt, dann sagt: ›Friede sei mit euch allen!‹ Wenn dort jemand Gottes Frieden bereitwillig annimmt, so soll der Friede, den ihr bringt, bei ihm bleiben. Wenn aber nicht, dann wird Gottes Friede ihn wieder verlassen und zu euch zurückkehren. Deshalb bleibt dort, wo man euch aufnimmt, esst und trinkt, was man euch anbietet. Denn wer arbeitet, soll auch versorgt werden. Bleibt in dem einen Haus und wechselt eure Unterkunft nicht.
Wenn ihr in eine Stadt kommt, in der euch die Leute bereitwillig aufnehmen, dann esst, was man euch anbietet. Heilt die Kranken und sagt allen Menschen dort: ›Jetzt beginnt Gottes Reich bei euch.‹
Will man aber irgendwo nichts von euch wissen, dann geht durch die Straßen der Stadt und sagt den Einwohnern: ›Ihr habt euch selbst das Urteil gesprochen. Sogar den Staub eurer Straßen schütteln wir von unseren Füßen. Doch das sollt ihr wissen: Gottes Reich hat begonnen!‹
Ich sage euch: Sodom wird es am Tag des Gerichts besser ergehen als einer solchen Stadt.
Als die zweiundsiebzig Jünger zurückgekehrt waren, berichteten sie voller Freude: »Herr, sogar die Dämonen mussten uns gehorchen, wenn wir uns auf deinen Namen beriefen!«
Jesus antwortete: »Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. Ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und die Gewalt des Feindes zu brechen. Nichts wird euch schaden. Doch freut euch nicht so sehr, dass euch die bösen Geister gehorchen müssen; freut euch vielmehr darüber, dass eure Namen im Himmel aufgeschrieben sind!« (HFA)
Gedanken zum Text
Etwas stoisch zu ertragen. Was heißt das eigentlich?
Der Begriff geht zurück auf die alte griechische Philosophenschule der Stoiker. Ihr Lebensideal war es sich komplett von Affekten wie Angst, Wut, Trauer, aber auch großer Freude etc. fern zu halten, da man sie als störend und vernunftwidrig ansah. Ziel war ein stabil gleichmütiger, friedlicher Gemütszustand, die „Apatheia“ – Apathie. Wir alle haben vermutlich ein Bild vor Augen, wenn wir von einem „apathischen Menschen“ sprechen.
Im heutigen Evangelium geht es um die Aussendung der zweiundsiebzig Jünger. Für den Testlauf der ersten Mission gibt ihnen Jesus im Vorfeld Tipps mit, wie sie sich dabei verhalten sollen.
Auf eine Regel bin ich besonders aufmerksam geworden: „Wenn ihr in ein Haus kommt, dann sagt: ›Friede sei mit euch allen!‹ Wenn dort jemand Gottes Frieden bereitwillig annimmt, so soll der Friede, den ihr bringt, bei ihm bleiben. Wenn aber nicht, dann wird Gottes Friede ihn wieder verlassen und zu euch zurückkehren.“ Es soll uns also wichtig sein den Menschen Frieden zu bringen.
Wie kann man – neben dem äußeren Frieden offensichtlich durch Krieg – seinen inneren Frieden verlieren? Nur ein paar Beispiele: Ein*e Bekannte*r redet schlecht über mich, jemand drängelt sich an der Supermarktkasse vor, in meinem Auto blinken seltsame orange-rote Lämpchen auf, ich weiß nicht, wie ich mir die Raten für mein Haus noch leisten soll und noch so Vieles mehr. Das alles bringt mein Gemüt in Ungleichgewicht.
Ein Stoiker (oder mein Vater) würde mir jetzt raten: „Reg dich nicht auf, bleib ruhig, das kann dir doch egal sein!“ (mal ehrlich – bei wem hat dieser Satz schon einmal wirklich geholfen?!)
Ich würde wie betäubt durch die Welt laufen, gleichgültig, empfindungslos, apathisch gegenüber Freude, Leid, Glück und Unglück. Mit Sicherheit würde ich so gut durch’s Leben kommen, mich könnte nichts aus der Bahn werfen. Aber macht nicht das das Leben aus? Wie könnte eine Achterbahn nach oben fahren, wäre sie nicht vorher von unten gestartet?
Als Christen ist der Friede für uns keine passive Gefühllosigkeit. Es geht für uns um den Frieden im Herzen, den unerschütterlichen Glauben daran, dass alles einen Sinn haben wird, weil Gott sich unserer annimmt.
Guter Gott, gib mir die Gelassenheit Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.