15. Dezember 2019
Sinneswandel
Johannes hörte im Gefängnis von den Taten des Christus. Da schickte er seine Jünger zu ihm und ließ ihn fragen: Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten? Jesus antwortete ihnen: Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt. Als sie gegangen waren, begann Jesus zu der Menge über Johannes zu reden: Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt? Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Siehe, die fein gekleidet sind, findet man in den Palästen der Könige. Oder wozu seid ihr hinausgegangen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch: sogar mehr als einen Propheten. Dieser ist es, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bahnen wird. Amen, ich sage euch: Unter den von einer Frau Geborenen ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer; doch der Kleinste im Himmelreich ist größer als er.
Gedanken zum Text
Blinde sehen, Taube hören wieder? Jesus heilt die Menschen von ihren Qualen. Das ist für uns schwer vorstellbar. Leider ist Jesus nicht mal eben um die Ecke, um die Menschen von dem Leid zu befreien. Deshalb müssen wir unseren Teil dazu beitragen, die Welt offenherziger zu gestalten. Denn, dass diese Beeinträchtigung ein Leid ist, liegt daran, dass die Teilhabe in der Gesellschaft nur eingeschränkt möglich ist.
Ich hatte das große Glück, dies mit eigenen Augen zu sehen. Während meiner Zeit in Kenia, durfte ich an einer Grundschule für gehörlose Kinder unterrichten. Da es dort eine Schulpflicht gibt, sind wir hin und wieder zu Familien gefahren, bei denen bekannt war, dass dort ein gehörloses Kind lebt. Nachdem wir die Eltern überzeugen konnten, das Kind auf unsere Schule zu schicken (ein -auf Spenden basiertes - Internat), war sehr schnell ein Wesenswandel zu sehen. Das Kind wurde richtig fröhlich, als es gemerkt hat, es gibt auch noch die Möglichkeit anders zu Kommunizieren und verstanden zu werden.
Wieder in Deutschland, wollte ich unbedingt wissen, wie sich die Kinder, um die ich mich kümmern durfte, fühlen. Das Dialoghaus in Hamburg macht es möglich, sich einmal in die Lage der Menschen zu begeben, die jeden Tag mit diesen Herausforderungen zu tun haben. Hier gibt es den Dialog im Dunkeln, den Dialog im Stillen und den Dialog mit der Zeit. Wie fühlt es sich an ohne Augenlicht einkaufen zu gehen? Wie frage ich nach dem Weg, wenn ich keine Stimme habe und die Antwort nicht hören kann? Wie bekomme ich die Einkäufe in den zweiten Stock, wenn es mit den Knien, dem Rücken, den Armen und dem Nacken nicht mehr so gut geht?
Diese Sinneswandel haben mich beeindruckt und vor allem haben diese Momente mir gezeigt, dass ein Mensch nicht durch ein Handicap einsam, allein oder traurig ist. Durch das aufmerksame betrachten von alltäglichen Situationen, ist es möglich, Menschen von dem Leid der sozialen Isolation zu befreien und ihnen ein Stück vom Glück in ihrem Leben zu schenken.
Dafür braucht es eigentlich nur eins: Offenheit!