15. November 2020
Safety first
In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an. Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Sofort ging der Diener, der die fünf Talente erhalten hatte, hin, wirtschaftete mit ihnen und gewann noch fünf weitere dazu. Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei weitere dazu. Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn. Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen. Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben, sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! Es kam aber auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Sieh her, hier hast du das Deine. Sein Herr antwortete und sprach zu ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. Du hättest mein Geld auf die Bank bringen müssen, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten. Nehmt ihm also das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.
Gedanken zum Text
„Gib mir 'n kleines bisschen Sicherheit in einer Welt, in der nichts sicher scheint…Dann gib mir einfach nur 'n bisschen Halt und wieg mich einfach nur in Sicherheit…“ - diese Verse der Band Silbermond aus dem Lied „Irgendwas bleibt“ geben dem Verlangen des Menschen nach Sicherheit einen musikalischen Ausdruck. Sicherheit wird mehr und mehr zum Bedürfnis, je unsicherer die wirtschaftliche, die gesellschaftliche, die persönliche Lage wird. Der Mensch sehnt sich nach Sicherheit in seinen Beziehungen, Sicherheit in seinen Bindungen und nach Sicherheit seiner wirtschaftlichen Grundlage. Dieses Streben und Sehnen ist im gesunden Maße völlig normal und angebracht. Aber ein vollkommenes Sicherheitsdenken lähmt den Menschen; ein Festkrallen am Status quo macht den Menschen eng. Wir merken besonders in dieser Zeit, dass wir uns die alte, vertraute Sicherheit zurückwünschen. Ausschließliches „Zurückwünschen“ aber ignoriert das Hier und Jetzt mit Leben, Ideen und Kreativität zu füllen. Wer sich nur in eine vermeintliche Sicherheit „zurückwünscht“, igelt sich allmählich ein. Das kann einen Menschen zuweilen zum Igel werden lassen, der für die anderen nur noch den stachligen Panzer übrig hat. Eingerollt und erstarrt ist man nicht mehr beweglich. Man bleibt sogar selbst außen vor. Ein Mensch, der sich verschließt, ist in gewisser Hinsicht auch fein raus. Er macht sich nicht angreifbar und darf sich zumindest in Sicherheit wiegen. Nichts mehr zu wagen kann verschiedene Gründe haben. Ein übertriebenes Sicherheitsdenken ist einer - satt zu sein ist ein anderer. Wer nichts mehr erwartet, wer alles bereits weiß, gehört und gesehen hat, dessen Lust sich zu neuen Ufern aufzumachen ist verschwindend gering; übertriebenes Völlegefühl lähmt. Ein satter Igel ist auch nicht mehr unterwegs. Er ist nicht mehr auf der Suche. Er kann seiner Umwelt die Stacheln zeigen. Angst und Trägheit sind schlechte Begleiter. Besonders, wenn es um die persönliche Auseinandersetzung mit der Botschaft Jesu vom Reich Gottes geht. Im Glauben an Jesus gibt es sowohl die Versuchung, sich aus Sicherheit als auch aus Trägheit einzuigeln. Denn wer sich auf Gott einlässt, der riskiert dabei, von seinen bisherigen Wegen weggerufen zu werden. Gewohntes beizubehalten ist immer sicherer und auch immer bequemer. Wer sich an vorgefertigte Muster des Glaubens krallt, der verschließt sich für jeden neuen herausfordernden Ruf Jesu. Solch ein Ruf kann uns zunächst nicht in den Kram passen. Aber erst, wenn ich das Wagnis eingehe, auf den Ruf Jesu zu antworten, eröffnet sich die Fülle der Frohen Botschaft. So gilt es hinzuschauen, hinzuhören und aufmerksam zu sein, wo ich mich mit meinen Talenten für das Reich Gottes anwerben lassen kann.