20. Februar 2022
Raus aus der Komfort-Zone
„Euch aber, die ihr zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen! Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen! Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halt auch die andere hin und dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd! Gib jedem, der dich bittet; und wenn dir jemand das Deine wegnimmt, verlang es nicht zurück! Und wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihr ihnen! Wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder. Und wenn ihr denen Geld leiht, von denen ihr es zurückzubekommen hofft, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern, um das Gleiche zurückzubekommen. Doch ihr sollt eure Feinde lieben und Gutes tun und leihen, wo ihr nichts zurückerhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden! Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden! Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden! Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen; denn nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird auch euch zugemessen werden.“
Gedanken zum Text
‚Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen!‘ – ganz schön harte Worte zu Beginn des heutigen Sonntagsevangeliums. Eine schier unmögliche Aussage, wenn ich daran denke, was dies in letzter Konsequenz alles beinhalten könnte und wie eine solche Aussage gegenüber Menschen missbraucht werden kann und sicherlich schon missbraucht wurde oder wird.
Wer weiter liest, dem wird jedoch klar, dass es hier nicht darum gehen kann sich schweigend und ohne Unterstützung oder Gegenwehr leidend einem*r Stärkeren zu untergeben. Im Gegenteil, der Text spricht gerade all jene an, die mitten im Leben stehen - die gut situierte bürgerliche Mittelschicht würde man heutzutage vielleicht sagen. Jesus spricht zu denen, die genug zum Leben haben, die Mantel und Hemd besitzen und die es sich leisten können, Geld zu verleihen – auch unter dem Risiko, dieses nicht zurückzubekommen. Es geht um soziale Verantwortung füreinander. Über die Basis der „goldenen Regel“ hinaus, können diese Menschen anderen einen Vorschuss an Vertrauen und Unterstützung geben und durch einen Akt der gewaltlosen Gegenwehr versuchen, die Gewaltspirale von Aktion-Reaktion zu unterbrechen. All dies erfordert Überwindung und bedeutet Gutes zu tun, ohne eine Gegenleistung zu erwarten und ohne einen Gewinn zu machen. Das Evangelium macht deutlich, gerade und vor allem Personen mit Besitz und Einfluss tragen besondere Verantwortung für die Gemeinschaft.
Aber auch im kleinen Alltag kann die vorbehaltlose Begegnung gegenüber anderen Menschen schon einen großen Unterschied machen. Schon einmal versucht den*die Nachbarn*in zu grüßen, auch wenn diese*r noch nie gegrüßt hat oder auf einer Party einer nicht so nahestehenden Person Geld zu leihen, ohne zu wissen, ob ich dieses tatsächlich wieder zurückbekomme? Das bedeutet auch, sich aus der eigenen Komfort-Zone hinauszubewegen und einen Schritt auf andere Menschen zu zumachen ohne direkt zu wissen, was mich erwartet.