25. September 2022
Lass dich herausrufen
Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag glanzvolle Feste feierte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. Es geschah aber: Der Arme starb und wurde von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von Weitem Abraham und Lazarus in seinem Schoß. Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir und schick Lazarus; er soll die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer. Abraham erwiderte: Mein Kind, erinnere dich daran, dass du schon zu Lebzeiten deine Wohltaten erhalten hast, Lazarus dagegen nur Schlechtes. Jetzt wird er hier getröstet, du aber leidest große Qual. Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, sodass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte. Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören. Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, aber wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. Darauf sagte Abraham zu ihm: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.
Gedanken zum Text
„Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.“
Es ist erschreckend, dass uns Menschen anscheinend nichts und niemand zur Besinnung bringen kann. Können wir uns einfach damit abfinden, dass jeden Tag noch immer Menschen aufgrund von Hunger sterben müssen? Wie reagieren wir auf die weit verbreitete Armut in der Welt? Häufig schauen wir darüber hinweg. Aber es muss doch etwas geben, das uns aus der Genügsamkeit herausruft? Die Nachrichten des Tages scheinen es jedenfalls nicht zu sein.
Ich denke, das ist die eigentliche Botschaft der Lazaruserzählung. Lass dich herausrufen! Lass dir Gotteswort zu Herzen gehen! Gottes Wort, Gleichnisse und Erzählungen vermögen „Stichworte“ zu sein. Stichworte, die uns anstacheln, damit wir immer wieder in die Gänge kommen. Denn ich denke, niemand von uns kann das Unrecht in der großen weiten Welt wollen. Niemand von uns will das Leid eines einzelnen Menschen vor unserer Haustür. Ob nah oder fern, es sind Menschen, die einen Namen tragen. Gott kennt sie bei ihrem Namen.
An der Lazarusgeschichte merke ich selbst, dass ich anstachelnde Stichworte brauche. Ich brauche eben solch ein Gleichnis Jesu, das unter die Haut geht.