16. Januar 2022
In vino veritas
In jener Zeit fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei. Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen.
Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus erwiderte ihr: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter sagte zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut! Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge, wie es der Reinigungssitte der Juden entsprach; jeder fasste ungefähr hundert Liter. Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand. Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist! Sie brachten es ihm. Dieser kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher der Wein kam; die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Da ließ er den Bräutigam rufen und sagte zu ihm: Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt. So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn.
Gedanken zum Text
Das Sonntagsevangelium beschreibt sicherlich die Angst vieler Gastgeber: Es läuft Musik, die Gäste haben Spaß, und die Stimmung ist ausgelassen. Der Abend könnte bis in die Nacht weitergehen, wenn nicht dann plötzlich die Stimmung kippt und die Gäste langsam ihre Jacken anziehen. Der Blick in den Kühlschrank offenbart den Sinneswandel: Die Getränke sind zur Neige gegangen. Und so nimmt die freudige Feier ein eher unfreiwilliges und vorschnelles Ende.
Das Weinwunder der Hochzeit zu Kana ist wohl eines der bekanntesten Wunder Jesu. So gibt es doch unzählige Comics, Karikaturen und Szenen, die dieses Wunder nachstellen, indem Wasser zu Wein verwandelt wird. Neben den vielen Heilungswundern, in denen Jesus Menschen von schwerwiegenden Leiden heilt, wirkt die Wandlung von Wasser zu Wein schon beinahe wie ein „Luxuswunder“.
Gemeinsamkeiten haben wir jedoch zu den anderen Speisewundern, den Brotvermehrungen. Jesus vollzieht das Wunder nicht unmittelbar an einer einzelnen Person, sondern bleibt im Hintergrund. Die Menschenmenge bekommt gar nicht mit, was Jesus hier für sie vollbringt - dieses Wissen bleibt einzelnen wenigen Personen vorbehalten, die sich in Jesu Nähe befinden.
Aber was sagt dieses Weinwunder über Jesus aus? Ihm liegt daran, dass die Hochzeitsfeier kein abruptes Ende findet, sondern weiter gefeiert werden kann. Er zeigt sich uns hier von einer anderen Seite: Er ist nicht der strenge Lehrer, der Ge- und Verbote ausspricht, sondern den Menschen auch Raum für sorgloses Feiern und Entspannung zuspricht. Das Leben soll gelebt und gefeiert werden, vor allem bei einem freudigen Fest, wie es die Hochzeit zweier sich liebender Menschen ist. Jesus stellt sich nicht in die Mitte und predigt von Umkehr oder Armut - es ist der falsche Ort für Belehrungen. Er möchte, dass die Menschen weiter feiern und dabei auch seine gepredigten Worte der Nächstenliebe, Versöhnung und des Miteinanders ausleben.
So passt der der lateinische Ausspruch „In vino veritas“ gut zu dieser Wundererzählung, da uns der Wein hier wirklich dabei hilft, den wahren Jesus zu erkennen.