13. Oktober 2024
Ich weiß, dass ich nichts weiß
Als sich Jesus wieder auf den Weg machte, lief ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer der eine Gott. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, gewann ihn lieb und sagte: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber gerieten über alle Maßen außer sich vor Schrecken und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.
Gedanken zum Text
„Ich weiß, dass ich nichts weiß“ – das soll Sokrates einmal gesagt haben und deswegen durch das Orakel von Delphi zum weisesten Menschen überhaupt erklärt worden sein. Aber wie kann das sein? Jemand, der zugibt nichts zu wissen, soll der weiseste Mensch überhaupt sein?
Ähnlich verhält es sich mit Jesus im heutigen Evangelium: Er, der Mensch, der zweifelsfrei am meisten gut ist, behauptet von sich selbst, dass niemand außer Gott gut sein kann. Wie kann das sein? Jemand, der von sich selbst behauptet nicht gut sein zu können, wird heute weitläufig als das Vorbild an Gut-Sein betrachtet. Das ergibt ja wenig Sinn.
Vielleicht ja aber doch: Beide haben nämlich erkannt, dass es Grenzen gibt. Sokrates hat erkannt, dass die absolute Wahrheit für Menschen nie greifbar sein wird und daher alles Wissen nur eine Annäherung sein kann. Jesus möchte seinen Jüngern mitgeben, dass kein Mensch perfekt sein kann. Das absolut Gute ist für uns Menschen nicht zu erreichen.
Beides, die absolute Wahrheit und das absolut Gute finden wir nur in Gott.
Aber was bedeutet das für uns? Wir dürfen akzeptieren, dass wir nicht perfekt sind. Es ist in Ordnung, dass wir nicht immer alles wissen, nicht immer gut sind, nicht immer alles richtig machen. Wir müssen danach streben, aber auch hier gilt: Der Weg ist das Ziel! Das ehrliche Streben nach Wahrheit und nach Gut-Sein muss das Ziel sein, denn das Erreichen der absoluten Wahrheit und des absolut Guten ist mit unseren menschlichen Mitteln nicht möglich.
Und das wussten schließlich auch schon Jesus und Sokrates!