10. April 2022
Ich komme mir vor wie ein Esel...
Nach dieser Rede zog Jesus voran und ging nach Jerusalem hinauf. Und es geschah: Er kam in die Nähe von Betfage und Betanien, an den Berg, der Ölberg heißt, da schickte er zwei seiner Jünger aus und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt! Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort ein [Esel-]Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her! Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann antwortet: Der Herr braucht es. Die Ausgesandten machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. Als sie das Fohlen losbanden, sagten die Leute, denen es gehörte: Warum bindet ihr das Fohlen los? Sie antworteten: Weil der Herr es braucht. Dann führten sie es zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Fohlen und halfen Jesus hinauf. Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf dem Weg aus. Als er sich schon dem Abhang des Ölbergs näherte, begann die Schar der Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Machttaten, die sie gesehen hatten. Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe! Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, weise deine Jünger zurecht! Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.
Gedanken zum Text
Am Sonntag feiert die katholische Kirche den Palmsonntag, und damit den Tag, an dem Jesus triumphal auf einem Eselfohlen in Jerusalem einzog. Moment – triumphal auf einem Esel? Wie passt das denn zusammen?
Der Esel ist doch eigentlich eher als einfaches Lastentier verschrien, als dumm, stur und einfältig. Aber dennoch wählt ihn Jesus als Reittier für seinen triumphalen Einzug in Jerusalem. Und dennoch wird er als König empfangen.
Jesus setzt damit ein Zeichen: Er sieht sich zwar als König, aber nicht als die Art von König, die sich über ihre Macht, über ihren Reichtum oder über ihren Status profilieren. Er profiliert sich ganz allein über seine Botschaft: Eine Botschaft der Demut, der Nächstenliebe, des Friedens und der Akzeptanz. Er benötigt dafür keine großen Hallen, kein edles Streitross und keine Gästeliste. Er reitet auf einem Esel ein, begegnet den Armen und Kranken und verkündet ihnen seine Botschaft.
Wie muss sich wohl das Eselfohlen gefühlt haben? Schätzungsweise hat es noch nicht viel von der Welt gesehen, noch nicht viel erlebt. Und dennoch bekommt es diese besondere Aufgabe. Kann ihm überhaupt klar gewesen sein, welche Rolle es spielte? Welche Berühmtheit es noch zweitausend Jahre später haben wird? Dass es Teil etwas so viel Größerem ist, obwohl es nur ein Eselfohlen ist?
Auch wir sind Teil etwas viel Größerem, das wir gar nicht ganz durchschauen können. Wir spielen in unserem Glauben, aber auch allgemein in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle, auch oder besonders wenn wir uns nicht für besonders fromm, intelligent oder fähig ansehen.
Wie bei dem Esel, erkennen wir unsere Rolle vielleicht im ersten Blick gar nicht oder finden uns unpassend dafür. Aber dennoch sind wir mit unseren Fähigkeiten, Stärken und Schwächen genau die Richtigen!