23. Februar 2020
Gott im Veedel
Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin! Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel! Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm! Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab! Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!
Gedanken zum Text
Das Rheinland steht Kopf – wir sind am Höhepunkt der fünften Jahreszeit. „Et Hätz schleiht im Veedel“, so lautet das diesjährige Sessionsmotto im Kölner Karneval. Manchmal steht aber auch das kölsche Hätz, das ja bekanntlich voll Sonnesching ist, vor großen Herausforderungen. Kann man ein Herz für jemand haben, der ne fiese Möpp ist? Kann man jemand lieben, der anderen Menschen Unrecht zufügt? Jemand, der andere bedroht oder aus purem Egoismus anderen das nötigste zum Leben nimmt?
Im Evangelium fordert Jesus uns heraus, wenn er dazu aufruft, sogar unsere Feinde zu lieben. Es geht nicht darum Gewalt und Unrecht zu fördern – denn Böse und Gute werden klar benannt und doch lässt Gott über allen seine Sonne aufgehen. In seinen Worten der Bergpredigt mutet uns Jesus zu, unsere Blickrichtung zu ändern. Verlangt er da nicht zu viel, verlangt er nicht etwas, das nicht alltagstauglich ist?
Als Getaufte sollen wir uns von der Liebe Gottes beschenken lassen und versuchen daraus zu leben. „Betet für die, die euch verfolgen“ ist eine Forderung, die Jesus daher an uns richtet. In unserem Land haben wir das Recht unseren Glauben frei zu leben, aber weltweit werden auch heute viele Frauen und Männer wegen ihres christlichen Glaubens verfolgt. Ihre Not dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Das Wort Jesu kann uns aber auch in Situationen unseres Alltags herausfordern. Da, wo die Beziehung zu einem Menschen zerstört ist, wo eine Enttäuschung zur nächsten geführt hat, wo ich von einem Menschen nichts positives mehr erwarte. Da, wo meine Kräfte am Ende sind, da sagt Christus: halte diese Lebenssituationen, diese konkreten Menschen im Gebet vor Gott hin.
Wir können das im Vertrauen tun, dass Gott uns Menschen erneuern will. In einer der Lesungen der Osternachtfeier aus dem Buch des Propheten Ezechiel (Ez 36, 16ff.) hören wir davon. Das Herz aus Stein nimmt er aus meinem Leben, um mir ein Herz aus Fleisch zu schenken. Mein Herz will er nach seinem Herzen bilden. So soll sich das Leben durch Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit erneuern – in allen Veedeln. Je mehr unsere Herzen auf Gott vertrauen, desto mehr werden wir zu seinen Boten. Sein Licht, das heller und kraftvoller ist als jeder Sonnenschein, will so in unser Leben, in unsere Veedel und die ganze Welt stahlen. Dann gilt nicht nur in Köln: Gottes Herz schlägt in jedem Veedel, für und mit uns Menschen.