06. September 2020
Eins, zwei oder drei
Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner. Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein. Weiter sage ich euch: Was auch immer zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Gedanken zum Text
In jedem Evangelium gibt es einen Satz, der im Ohr bleibt. Heute ist es wohl einer der bekanntesten Sätze überhaupt von Jesus: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Wer jetzt auch direkt einen Ohrwurm hat: Gern geschehen!
Das Evangelium dieses Sonntags ist herrlich pragmatisch, denn es geht um Konfliktlösung. Auch Jesus ist klar, dass es in einer Gemeinschaft von Menschen immer wieder zu Konflikten kommen wird. Nicht mal seine Jünger*innen kommen ohne Streit, Neid, Missgunst und unterschiedliche Auffassungen aus. Erstmal ist das ja auch nicht schlimm, denn Konflikte können und sollen gelöst werden. Wenn also jemand gegen dich sündigt, sagt Jesus, besprich es mit ihr*ihm unter vier Augen. Sünde ist dabei zunächst mal eine theologische Dimension, keine moralische. Man könnte auch sagen: Wenn eure Beziehung gestört ist, sprecht darüber und versucht herauszufinden, woran es liegt. Wenn ihr dann nicht weiterkommt, holt euch ein oder zwei Leute dazu, als Zeugen, Schlichter und Vermittler. Sollte auch das nicht funktionieren, sagt es der Gemeinde also der Gemeinschaft der Gläubigen. Heute irgendwie schwer vorstellbar, aber warum sollte sich nicht die einzelne Gemeinde vor Ort um die Konfliktlösung der Menschen kümmern, die in ihr leben. In der Coronazeit haben wir, finde ich, nochmal den Wert der Gemeinde und der Gemeinschaft kennengelernt. Glauben ohne Gemeinde ist wie Fußball ohne Fans: Vielleicht machbar, aber es fehlt das Herz.
Dieses Bild der Gemeinde ich sicherlich eher eine Idealvorstellung, als eine praktische Anweisung. Jedoch sollten die Gemeinden vor Ort ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen: Letztendlich manifestiert sich „die Kirche“ in der Gemeinde vor Ort, die sich versammelt, um Glaube und Gemeinschaft zu leben: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen:“