28. Oktober 2018
Die Teilung des Mantels
Sie kamen nach Jericho. Als er mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jericho wieder verließ, saß am Weg ein blinder Bettler, Bartimäus, der Sohn des Timäus. Sobald er hörte, dass es Jesus von Nazaret war, rief er laut: Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir! Viele befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her! Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich. Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu. Und Jesus fragte ihn: Was willst du, dass ich dir tue? Der Blinde antwortete: Rabbuni, ich möchte sehen können. Da sagte Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dich gerettet. Im gleichen Augenblick konnte er sehen und er folgte Jesus auf seinem Weg nach.
Gedanken zum Text
In ein paar Tagen werden von Anfang bis Mitte November wieder viele Martinszüge durch die Dörfer und Städte ziehen. Kinder mit ihren Laternen hören oder sehen die Szene, wie der Hl. Martin seinen Mantel mit dem Bettler teilt. Die Mantelteilung ist wohl die bekannteste Stelle aus dem Leben des Hl. Martin. Im Traum erkennt Martin später, dass er in diesem Bettler Jesus begegnet ist und er wird Christ. Die Mantelhälfte ist für den Bettler eine konkrete Hilfe in der Not und sie ist zum Zeichen für Barmherzigkeit geworden. Im Evangelium dieses Sonntags ist dagegen nicht vom Annehmen eines Mantels, sondern vom Wegwerfen die Rede. Es wird berichtet, wie ein Bettler seinen Mantel bei der Begegnung mit Jesus von sich wirft. Anstatt in der großen Menge mitten in der Stadt unterzugehen, macht der Bettler auf sich aufmerksam, als er von der Nähe Jesu hört. Er ruft laut nach ihm, um gehört zu werden, auch gegen alle, die ihn am liebsten wegdrängen wollen. Jesus überhört den blinden Bettler nicht und lässt sich vom Jubel und Trubel in der Menge nicht ablenken. Die ganze Aufmerksamkeit Jesu geht zu Bartimäus, denn ihm ist wichtig, dass er nicht in der Anonymität untergeht. Gott geht es um jeden einzelnen Menschen, der Hilfe braucht, um wieder in Würde leben zu können. Der Ruf des Bartimäus kann zu unserem Ruf werden, wie er können auch wir unser ganzes Leben und ganze Hoffnung in Christus setzen. Mit seinem Vertrauen in Jesus und seinem lauten Rufen kann Bartimäus auch uns Mut machen, das eigene Leben vor Christus zu bringen. Der Mantel, den Bartimäus wegwirft, ist ein Zeichen für alles, was sein Leben bisher umfasst hat. Darin steckt die Armut und die Ausgrenzung durch andere. Viele haben diesen Bettler am Rand der Gesellschaft schon abgeschrieben und wollen ihn ganz zum Schweigen bringen. Der Ruf Jesu gibt ihm die Kraft, das alles wie den Mantel abzuwerfen und trotz der Blindheit auf ihn zu zulaufen. Bartimäus kann so mit Mut einen neuen Weg in seinem Leben einschlagen. Auch heute will dieser Ruf Jesu Menschen Kraft geben, um aufzustehen und einen neuen Weg im Leben zu gehen.