24. Februar 2019
Barmherzigkeit für Dummies
Euch aber, die ihr zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen! Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen! Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halt auch die andere hin und dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd! Gib jedem, der dich bittet; und wenn dir jemand das Deine wegnimmt, verlang es nicht zurück! Und wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihr ihnen! Wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Dank erwartet ihr dafür? Denn auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden. Und wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder. Und wenn ihr denen Geld leiht, von denen ihr es zurückzubekommen hofft, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern, um das Gleiche zurückzubekommen. Doch ihr sollt eure Feinde lieben und Gutes tun und leihen, wo ihr nichts zurückerhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden! Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden! Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden! Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen; denn nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird auch euch zugemessen werden.
Gedanken zum Text
Mit dem Gebot der Feindesliebe aus dem heutigen Sonntagsevangelium sind wir wohl am moralischen Gipfelpunkt angekommen. „Klar, meinen Feind lieben. Logisch.“, würden wir uns wohl denken, träte Jesus heutzutage vor uns auf. Einfach lächeln, winken und weiter gehen.
Jesus ist Provokateur oder in „Instagram-Sprache“ quasi ein Top-Influencer. Für die Menschen der damaligen Zeit muss diese Rede Jesu vor dem Hintergrund des Alten Testaments z.B. mit dem wörtlich genommenen Talionsgesetz noch viel utopischer geklungen haben.
Allerdings müssen wir uns hier kurz der Ungenauigkeit der deutschen Sprache widmen: Im Deutschen gibt es für „Liebe“ nur die eine Übersetzung: „Liebe“. Dagegen kennen das Griechische und Lateinische mehr als drei Ausdrücke dafür. Schaut man sich die Textstelle in griechischer oder lateinischer Sprache an, erscheint uns die Bedeutung des Ausdrucks „Feindesliebe“ viel schlüssiger, da es nun vielmehr zu übersetzen gälte „Achtet eure Feinde, wertschätzt sie“. Trotzdem, ein hartes Stück Brot zu kauen.
Jesus wäre aber kein Top-Influencer, wenn er unsere skeptischen Blicke und Fragen nicht schon geahnt hätte. Er fügt in seine Rede etwas ein, was uns das Ganze leichter machen soll, quasi „Barmherzigkeit für Dummies“: „Und wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihr ihnen!“
Das ist zwischen all den großen Forderungen etwas, womit wir starten können. Ein erster Anfang. Darauf aufbauend kann dann folgen: einem anderen Menschen quasi als Vorschusslorbeere freundlich zu begegnen, noch bevor er es zu mir ist. Einfach mal anders sein. Ich staune im Alltag immer wieder, welch positive Folgen so ein Verhalten haben kann.
Jesus wäre nicht Jesus, hätte er uns nicht auch auf unsere zweite Frage „Ja aber…wozu das alles?!“ schon Antwort geliefert: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ Er meint damit unser aller Vater, Gott im Himmel. Er ist unendlich barmherzig.
Ein Denkmal in Sachen Barmherzigkeit auf Erden wollte Reinhard Mey, passend zum Zeugnistag letzte Woche, seinem Vater und seiner Mutter setzen: https://www.youtube.com/watch?v=fK3vSkYzpTY.
#daretobedifferent